Für digitalte Säuberungen, die Facebook vornimmt, beruft sich das Unternehmen auf die sog. „Gemeinschaftsstandards“, mit denen die nicht demokratisch legitimierten IT-Monarchen die Kommunikationsgewohnheiten von 2,7 Milliarden Menschen bestimmen wollen.
In den „Gemeinschaftsstandards“ heißt es:
„Um Schaden in der Offline-Welt zu verhindern, erlauben wir auf Facebook keine Präsenz für Organisationen oder Personen, die Gewalt befürworten oder ausüben.“ Unterstreichung ergänzt.
So wurde der Post
„Test, ob der Name xxx noch in einem Beitrag Erwähnung finden darf“
gelöscht.
Es kommt also nicht mehr darauf an, ob man sich verherrlichend, neutral oder ablehnend mit einer lebenden oder historischen Person oder Organisation befasst. Es genügt deren bloße Erwähnung. „Meinungsfreiheit im Netz“ hat u.a. wegen der Löschung des ziterten Posts bereits eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin gegen Facebook erwirkt, die dies untersagt. Das Hauptsacheverfahren (LG Berlin 27 O 57/20) ist auf den 27.04.2021 terminiert.
Facebook trägt in der Klagewiderung vor, auch der oben zitierte Post habe „im Rahmen einer ersten Beurteilung jedenfalls vertretbar als Verstoß ausgelegt werden“ können. Dies ist in hohem Masse abwegig. Und: Löschen darf man nach Facebooks Auffassung also auch, wenn kein Verstoß vorliegt. Dies lesen wir in den Verfahren immer wieder.
Bezüglich eines anderen Posts, der ebenfalls den Namen erwähnt, der nicht mehr erwähnt werden darf, trägt der IT-Gigant wörtlich vor:
„Post 3 wurde Facebook Ireland von einem Drittnutzer gemeldet. Facebook Ireland entfernte Post 3 daraufhin zunächst…, stellt ihn aber später – nach einer Neubewertung – wieder her.“
Das heisst, es wird ohne eigene Prüfung auf „Meldung“ hin gelöscht. Und wiederhergestellt wurde hier nur, weil eine einstweilige Verfügung ins Haus flatterte. Dass tatsächlich das gerichtliche Verbot oder eine Abmahnung die Ursache für die Wiederherstellung war, und keine „Neubewertung“, spielt in der Selbstwahrnehmung des Unternehmens keine Rolle.
Dieses Verfahren behandelt gleich zwei ungeheuerliche Vorfälle. Den Versuch, mißliebige Personen komplett aus der Wahrnehmung zu verdrägen. Und das Löschen auf Denunziation und ohne eigene Prüfung hin. Dies bekräftigt die schlimmsten Befürchtungen in Hinblick auf die „digitale Massenvernichtung freier Rede“, die ich oft als Gefahr beschwörte, die nun aber immer mehr zur Realität zu werden scheint. Perfekt illustriert wird das Vorgehen von Facebook in diesem Zitat aus dem dystopischen Klassiker „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury:
„Farbige nehmen Anstoß an ‚Sambo, das kleine Negerlein‘. Verbrenne es. Den Weißen ist ‚Onkel Toms Hütte‘ ein Dorn im Auge. Verbrenne es. Jemand hat ein Buch über Rauchen und Lungenkrebs geschrieben? Den Tabakleuten laufen die Tränen herunter? Verbrenne das Buch…Fünf Minuten, nachdem einer gestorben ist, befindet er sich schon auf dem Weg zur großen Einäscherungsanstalt, mit dem Hubschrauberservice, der sich über das ganze Land erstreckt. Zehn Minuten nach seinem Tod ist jeder nur noch ein schwarzes Häufchen Staub. Wir wollen keine Worte verlieren mit Nachrufen auf einzelne Menschen. Man vergesse sie. Man verbrenne sie, man verbrenne alles. Das Feuer ist hell das Feuer ist sauber.“
Wir kämpfen mit „Meinungsfreiheit im Netz“ dafür, dieser „Feuerwehr“ das Handwerk zu legen. Wir danken den zwischenzeitlich über 10.000 Personen und Firmen, die uns durch Spenden unterstützen.