Fall 27: Peter S. / Facebook – Löschung und Sperre wg. Zitat aus „Bild“ – Prozeß mit glasklarem Verfassungsbruch

A) Die Zivilkammer 3 des LG Bonn ist mit drei promovierten Richtern besetzt. Dass dies nicht immer ein Garant für richterliche Sachkunde ist, zeigt dieser Fall. Neben einer fatalen Kollision mit den Denkgesetzen, die auch ein nicht juristisch geschulter Beobachter ohne weiteres erkennt, kam es in der ersten Instanz zu einer vorsätzlichen Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte des Klägers, dem der gesetzliche Richter vorenthalten wurde. Ein schwerwiegendes richterliches Versagen. Im Einzelnen:

B) Dieses Verfahren ist das Hauptsacheverfahren zu Fall 2. Peter S. hatte eine Schlagzeile der „Bild“-Zeitung zitiert, „Wer klaut darf bleiben“. Der Artikel befasste sich mit der Tatsache, dass Personen, gegen die eine rechtskräftige Abschiebeanordnung vorliegt, häufig Straftaten begehen, um die Abschiebung zu verhindern oder hinauszuzögern. Der simple, wahrheitsgetreue Bericht über einen viele irritierenden Sachverhalt. Das Zitat der Schlagzeile erachtete Facebook als „Hassrede“ und sperrte S. für 30 Tage.

C) In der Verhandlung im November im Bonn betrat die Kammer den Sitzungssaal und teilte gleich eingangs mit, man sei „zu einer Entscheidung gekommen.“ Wenn das Ergebnis schon vor der Verhandlung feststeht (und die Kammer das auch törichterweise noch mitteilt), ist das ein durchschlagender Befangenheitsgrund. Denn die Verhandlung ist ja dazu da, beide Seiten zu hören und erst dann aufgrund der Verhandlung zu entscheiden. Ich habe davon abgesehen, diesen Antrag zu stellen. Er verzögert das Verfahren in der Regel und man ist ohne Befangenheitsantrag schneller beim Oberlandesgericht. Dass alle drei Richter in – überflüssigen – dienstlichen Erklärungen bestritten, dies gesagt zu haben, möchte ich nicht weiter kommentieren. Ein im Gerichtssaal anwesender Zeuge hat eine eidesstattliche Versicherung vorlegegt, dass die Kammer sich genau wie oben zitiert geäußert hat. Die dienstlichen Erklärungen waren danach unwahr.

D) Das Gericht erklärte dann, die Schlagzeile stelle alle Flüchtlinge als Diebe dar, die Löschung und Sperrung sei zurecht erfolgt. „Wer klaut, darf bleiben“ beziehe sich auf alle Flüchtlinge und nicht nur auf die, die „klauen“. Dieser intellektuelle Offenbarungseid verdient es nicht, noch kommentiert zu werden.

E) Dann war da aber noch ein lupenreiner Verfassungsbruch. Die Sache wurde von der 9. an die 3. Zivilkammer übergeben. Allerdings waren die Beschlüsse des Präsidiums des LG Bonn zum Geschäftsverteilungsplan, wie ich nach Überprüfung festgestellt habe, verfassungswidrig. Dies ist ganz eindeutig, weil das Bundesverfassungsgericht einen völlig identischen Fall entsprechend entschieden hat. Das Gericht habe ich schriftsätzlich über die Rechtslage informiert. Die „Zuständigkeit“ der Kammer wurde durch eine gegen das Gebot des gesetzlichen Richters verstoßende Änderung des Geschäftsverteilungsplans begründet. Der Übergang beruht auf einer Regelung im Geschäftsverteilungsplan, die nicht generell-abstrakt im Voraus die Zuständigkeit eines Spruchkörpers festgelegt hat. Dies ist aber von Verfassungs wegen erforderlich.

Die Richter hat dies nicht gekümmert. Sie sind verfassungswidrig mit der Sache befasst und haben trotzdem am Freitag, 10.01.2020, die Klage abgewiesen.

F) Auf die Begründung haben wir gar nicht erst gewartet, sondern am Sonntag, 12.01.2020, die Berufungsbegründung geschrieben, die am Montag, 13.01.2020, beim 15. Zivilsenat des OLG Köln eingereicht werden wird.

G) Das OLG Köln hat für uns entschieden. Wir haben das Verfahren rechtskräftig gewonnen. Die Löschung und die Sperre waren unzulässig. Und der Senat hat auch unsere Einschätzung bestätigt, dass der Geschäftsverteilungsplan des LG Bonn verfassungswidrig war.

 

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