UPDATE Mai 2020: Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Entscheidung des Landgerichts Mannheim aus November 2019 abgeändert und den beanstandeten Faktencheck mit einstweiligen Verfügung durch Urteil vom 27.05.2020 verboten.
Der Fall 24 der Initiative „Meinungsfreiheit im Netz“ (Tichys Einblick GmbH / Correctiv gGmbH – Klage wg. “Faktencheck”) ist einer der rechlich komplexesten und wichtigsten, die wir führen. Es geht um die eminent wichtige Grundsatzfrage, ob und wenn ja auf welche Weise Eingriffe in verschiedene Grundrechte von Medienunternehmen durch die abweichenden Meinungen (!) sog. „Faktenchecker“ zulässig sind. Jetzt liegt ein erstes, sehr interessantes Urteil vor (besonders interessant sind die Seiten 6 unten bis 9, 12 mittlerer Absatz, 20, 21, 23, 31f., 38 (aa), 39 (ee).
“Correctiv” ist kein neutraler Faktenchecker, sondern jedenfalls hier ein journalistischer Söldner, der durch die von uns gerichtlich angegriffene Methode des “Faktenchecks” seine ideologischen Überzeugungen unter Ausnutzung der strukturellen Überlegenheit eines Monopolisten (Facebook) und unter Verstoß gegen die Grundrechte der Betroffenen rechtswidrig durchsetzen will und kann. Wir lassen diese wichtige Rechtsfrage jetzt gerichtlich klären.
Das erstinstanzliche Urteil des LG Mannheim (14 O 181/19), das den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit einer 45seitigen Begründung zurückweist, liegt jetzt vor. Berufung zum OLG Karlsruhe wurde von uns bereits eingelegt. Das Urteil enthält durchaus lesenswerte Passagen. Die wichtigste findet sich u.E. hier:
„Die Klägerin (Tichys Einblick Gmbh, der Verfasser) wird vorliegend durch den Faktencheck in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG und als Medienunternehmen ebenso in deren Grundrechtsposition aus Art. 5 Abs. 1 GG betroffen und in ihren Werbemöglichkeiten und auch in der Reichweite ihrer Werbung eingeschränkt. Wie bereits dargelegt trifft die streitgegenständliche unmittelbare technische Verknüpfung des Ergebnisses des Faktenchecks mit dem Beitrag der Klägerin, und insbesondere im Rahmen der Einwirkung auf den zum Teilen des Beitrags bereiten Nutzer, die Klägerin in ihrer Werbung auf Facebook für ihren Artikel nicht unerheblich. Ohne Weiteres kommt damit – und es wird durch Vorlage der Ziele von Facebook auch glaubhaft gemacht, dass dies sogar Ziel des Faktenchecks sei – in Betracht, dass die Reichweite der klägerischen Werbung erheblich eingeschränkt wird.“
Das Landgericht meint, die Klägerin habe diese Grundrechtseingriffe hinzunehmen, weil Correctiv für Facebook gegen Filterblasen und Echokammern vorgehe. Die Beklagte (Correctiv) komme als Medienunternehmen ihrer Aufgabe nach, so das Landgericht, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten. Niemand hat etwas dagegen, es sollte nur nicht in der beschriebenen, grundrechtswidrigen und diskriminierenden Form geschehen, meinen wir.
Die „FAZ“ („Streiten mit den Wahrheitsfindern„, 11.01.2020, Seite 16) bewertet diese Einschätzung so:
„Damit installiert das Landgericht kurzerhand eine Pluralismuspflicht ohne Gesetz. Im Raum stehen gewichtige verfassungsrechtliche Fragen: Darf Facebook überhaupt..mit einem Redaktionshelfer wie Correctiv andere Beiträge als falsch markieren?“
Wir glauben nicht, dass mit dieser Begründung die eingeräumten Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen sind. Schon deshalb nicht, weil es im Rechtsstreit gar nicht um einen Faktencheck geht.
Denn sogar Correctiv trägt selber vor, die Stigmatisierung des Artikels als „teilweise falsch“ sei eine Wertung. „Zur Tatsachenbehauptung macht dies auch nicht der Begriff des ‚Fact-Checks'“. Das Landgericht bewertet dies genauso. Hier wird also mit den Mitteln des Monopolisten Facebook, die der Klägerin gerade nicht zur Verfügung steht, die eine Meinung über die andere gestellt. Eine Meinung ist wichtiger als die andere. Der Meinung der linken Plattform Correctiv wird Vorrang vor der Meinung der konservativen Meinung von Tichy eingeräumt.
In der Bundesrepublik herrscht aber Meinungsfreiheit. Ob diese Diskriminierung vor dem sich aus Art. 3 GG ergebenden allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und Diskriminierungverbot Bestand haben soll und ob die weiteren Grundrechtseingriffe tatsächlich zu rechtfertigen sind, wird in der Berufungsinstanz thematisiert werden.
Hier ein auf „Tichys Einblick“ erschienener Artikel zum Thema.