551 NGO-Fragen vor Gericht – So unzureichend antwortete die neue Bundesregierung

Die Beantwortung der ursprünglich 551 Fragen der CDU/CSU-Fraktion ist demokratisch notwendig, weil staatlich finanzierte Nichtregierungsorganisationen der Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit unterliegen müssen. Transparenz über Empfänger, Förderzwecke und politische Aktivitäten ist ein Grundprinzip demokratischer Haushaltsführung. Wo staatliches Geld fließt, besteht ein berechtigtes Interesse zu wissen, ob geförderte Organisationen parteipolitisch einseitig agieren oder mit dem Gebot staatlicher Neutralität vereinbar sind. Die Verweigerung konkreter Auskünfte untergräbt die parlamentarische Kontrollfunktion und erschwert eine informierte öffentliche Debatte über den Einsatz öffentlicher Mittel. Wir wollen wissen:

Wer bekommt wie viel? Warum? Und mit welchem Ergebnis? 

Die Reaktion: ausweichend, lückenhaft, formalistisch. Zahlreiche Fragen wurden gar nicht beantwortet, bei anderen wurde auf angeblichen „Zeitdruck“ verwiesen. Trotz dieser bemerkenswerten Antwortverweigerung ließ die Union das Thema dann einfach fallen – mutmaßlich aus Rücksicht auf den frisch gebackenen Koalitionspartner, der jede Prüfung staatlich finanzierter Vereine sofort als „Angriff auf die Zivilgesellschaft“ denunzierte. Wenn es um die Umverteilung öffentlicher Gelder an staatsnahe Strukturen geht, endet der Aufklärungswille offenbar an der eigenen Karrieregrenze. Am Tag der Vereidigung der neuen Bundesregierung (was allein schon ein schönes Detail ist), stellten wir für NIUS eine neue, präzisere Anfrage: 91 Fragen, zusammengesetzt aus den wichtigsten unbeantworteten CDU/CSU-Punkten – ergänzt um 30 eigene Fragen zu Förderhöhen, Empfängern, Kriterien und personellen Verflechtungen. Die Fragen mussten für ein Medium gestellt werden, da nur dieses den presserechtlichen Auskunftsanspruch vor Gericht geltend machen kann.

Die erste Runde ist hier dokumentiert.

Erstes Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die BRD eingeleitet

Weil die Fragen nicht vollständig beantwortet wurden, haben wir am 17.07.2025 eine ersten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit gestellt. Weitere Verfahren gegen zahlreiche andere Ministerien werden folgen. Wir werden völlig transparent über den Verlauf informieren. Die Fragenliste dieses ersten Verfahrens lautet wie folgt:

Der Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung aufgegeben, der Antragstellerin Auskunft zu den nachstehenden Fragen zu erteilen:

1. Welche Bündnisse, Vereine, Organisationen und sonstige private Träger erhielten und erhalten 2024 und 2025 institutio-nelle und projektbezogene Fördermittel aus dem Bundesminis-terium für Gesundheit? In welcher Höhe liegen diese?

2. Auf welche Höhe taxiert die Bundesregierung die Gesamtausga-ben der institutionellen und projektbezogenen Fördermittel für Bündnisse, Vereine, Organisationen und sonstige private Träger im Bereich der Nichtregierungsorganisationen im Jahr 2024?

3. Hat der Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

4. Hat der Verein Campact e. V. in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

5. Hat der Attac Trägerverein e. V. in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

6. Hat die Amadeu Antonio Stiftung nach Kenntnis der Bundesre-gierung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

7. Hat der Peta Deutschland e. V. in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

8. Welche öffentlichen Fördermittel erhält die Animal Rights Watch e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung und aus wel-chen Einzelplänen stammen diese?

9. Hat die Animal Rights Watch e. V. in den letzten vier Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung eine Erhöhung oder Kür-zung staatlicher Mittel erfahren?

10. Hat Foodwatch e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

11. Hat der Dezernat Zukunft e. V. nach Kenntnis der Bundesregie-rung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

12. Hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. nach Kenntnis der Bundes-regierung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kür-zung staatlicher Mittel erfahren?

13. Hat die Agora Agrar gGmbH nach Kenntnis der Bundesregie-rung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

14. Hat die Agora Energiewende gGmbH nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

15. Hat Greenpeace e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

16. Ist der Bundesregierung bekannt, welcher prozentuale Anteil an den finanziellen Mitteln des BUND e. V. aus staatlichen För-derprogrammen stammt?

17. Hat der BUND e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

18. Hat das Netzwerk Recherche e. V. nach Kenntnis der Bundesre-gierung in den letzten Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

19. Hat der Verein Neue deutsche Medienmacher*innen e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

20. Hat die Delta1 gGmbH nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten vier Jahren eine Erhöhung oder Kürzung staatlicher Mittel erfahren?

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